Interview e-media
Für alle die mein Interview in der Februar Ausgabe des e-media Magazin nicht gelesen haben, gibt es hier die Möglichkeit der Nachlese. In der Zwischenzeit hat sich natürlich einiges getan, die Luftgütemessstation ist fertig, aber der Großteil stimmt noch.
„Ich verwende meine Infos nur lokal: In China muss
IoT-Experte Peter Antoni über Datenschutz
niemand wissen, wann in meinem Haus Licht brennt!“
Von Astrid Steinbrecher-Raitmayr
und Daniela Illich
Es begann mit einem Brotröster und einer amerikanisch-australischen Koproduktion. Bei einer Konferenz im Jahre 1990 koppelten der Netzwerkexperte John Romkey und der Computerwissenschaftler Simon Hackett einen Toaster mit dem Internet und konnten ihn somit online ein- und ausschalten: Noch bevor die erste Website gelauncht wurde, war das erste vernetzte Haushaltsgerät geboren. Eine Dekade danach folgte der Kühlschrank LG Internet Digital DIOS, der unter anderem Alarm schlägt, sobald Wurst, Käse und Kaviar eine bestimmte Mindestmenge unterschreiten.
Mehr IoT-Geräte als Menschen
30 Jahre später gibt es nach Schätzungen des Marktforschungsunternehmens International Data Corporation etwa
27 Milliarden Smartphones, Computer, Maschinen und andere Geräte, die mit dem Internet verbunden sind –
mehr als dreimal so viel, wie es Menschen gibt. Früher oder später wird fast jedes Elektrogerät im Internet der Dinge (IoT – Internet of Things) die Fähigkeit haben, mit seinen Artgenossen zu kommunizieren: Bis 2025 soll ihre Zahl auf unglaubliche 42 Milliarden Einheiten steigen.
Die Vernetzung der physischen und digitalen Welt erleichtert den Alltag und schafft Annehmlichkeiten, sie spart Zeit und sorgt für mehr Sicherheit. Auch in den eigenen vier Wänden, wie IoT- und Big-Data-Experte Peter Antoni weiß. Er und seine Familie öffnen die Haustür und das Garagentor über eine App auf dem Smartphone, „denn heute kommt es seltener vor, dass man das Handy vergisst als den Schlüssel“ . Theoretisch wäre es auch möglich, ganze Szenarien zu erstellen und „die Tür automatisch aufzusperren, sobald sich das Handy via Bluetooth verbindet, und gleich auch das Licht und die Musik einzuschalten“. Als weitere Vorteile sieht Antoni, der sich beruflich intensiv mit dem Thema IoT beschäftigt, dass er beim Umrüsten das bestehende Schloss weiterverwenden konnte und er die Nachbarin jederzeit – auch aus der Ferne und temporär begrenzt – zum Blumengießen ins Haus lassen kann.
Ein Faible für Heimautomation
Der eigentliche Beweggrund, in die Welt des smarten Heims einzutauchen, war für ihn aber ein anderer: „Ich wollte unseren kalten Schwimmteich mit einer Solaranlage erwärmen.“ Dafür verlegte er Schläuche auf dem Dach der Gartenhütte und installierte einen Lichtsensor, der bei entsprechender Sonneneinstrahlung die Pumpe aktiviert und das kalte Wasser in die Schläuche auf dem Dach transportiert. Mit einem Fühler kontrollierte er die Temperatur des Wassers und stellte schließlich fest, „dass der Schlauch für eine ausreichende Erwärmung zu kurz ist“. Diese smarte Episode ist noch nicht abgeschlossen, die der weihnachtlichen Illumination auch nicht – sie wiederholt sich jedes Jahr: „Früher habe ich die Beleuchtung mit einer Zeitschaltuhr eingeschaltet, heute funktioniert das auch mit einem Lichtsensor.“ Und sie ist ebenso smart wie die Inhouse-Beleuchtung, die sich automatisch einschaltet, wenn niemand aus der Familie zu Hause bzw. keines ihrer Handys im Heimnetz eingeloggt und es draußen finster ist.
Smart Home wird immer sicherer
Aktuell bastelt Peter Antoni am Prototyp eines CO2-Messgeräts. Da Covid-19 über die Luft übertragen wird und es
keine Sensoren gibt, die Viren bestimmen können, möchte er den CO2-Gehalt seiner Räume messen: „Mich interessiert,
wie die Luftqualität im Haus ist. Wenn das CO2 hoch ist, gibt es theoretisch mehr Viren, dann sollte man lüften.“ Bis es so weit ist, wird es noch etwas dauern, was Antoni aber sicher weiß, ist, „dass niemand in China wissen muss, ob und wann in meinem Haus Licht ist. Ich brauche keine Cloud-Dienste und verwende die Infos nur lokal.“ Das funktioniert im Haus Antoni auch beim smarten Staubsauger und bei der handygesteuerten Stereoanlage und zeigt einen Trend, der sich im Smart Home immer mehr durchsetzt: Die künstliche Intelligenz zieht von der Cloud in die Geräte. Das bestätigt auch das deutsche Verbraucherportal homeandsmart.de. Es prophezeit, dass die Hersteller grundlegende Funktionen wie das Einund Ausschalten von Geräten direkt in ihre Basisstationen oder Lautsprecher integrieren werden. Das macht zum einen ihre Bedienung ausfallsicherer, zum anderen erhöht die lokale Speicherung der Nutzerdaten den Datenschutz.
Was beim Computer schon lange selbstverständlich ist,hält auch bei den smarten Heimgeräten Einzug – die Plug-&-
Play-Installation. Sie sorgt dafür, dass das Funknetzwerk die neuen Geräte nach dem Einstecken automatisch erkennt.
Voraussetzung dafür ist ein gemeinsamer Funkstandard der Hersteller. Die Experten von Apple, Google und Amazon
arbeiten fleißig daran, die Sicherheit der intelligenten Helferlein zu erhöhen, die Kompatibilität zwischen den Geräten
unterschiedlicher Hersteller weiter zu verbessern und einen lizenzfreien Verbindungsstandard einzuführen. Für den
Außenbereich, wo die Vernetzung von smarten Devices oft nur mit Abstrichen möglich ist, gibt es ebenfalls erfreuliche
Aussichten. Bislang beschränken sich Mesh-Netzwerke – diese Technologie macht Geräte gleichzeitig zum Sender und
Empfänger – noch auf das eigene Heimnetzwerk. Zukünftig werden sie sich auch der Nachbarschaft öffnen und vor allem in dicht bebauten Gebieten für eine bessere Netzabdeckung sorgen. Was noch? Wearables wie smarte Uhren sind bereits bekannt; home&smart kann sich unter anderem smarte Schuhe oder Rucksäcke vorstellen, die ihre Infos ins Smart Home einspeisen, und ist sich außerdem sicher, dass einfach zu bedienende Displays mit Video-Chat-Funktionen, die in Pandemie- und Social-Distancing-Zeiten noch mehr Menschen miteinander verbinden können, an Bedeutung gewinnen werden. Bei all diesen smarten Gadgets und Errungenschaften gibt es immer wieder Bedenken hinsichtlich der Daten. Sobald es aber um die eigenen Kinder und die Frage geht, ob sie sicher von der Schule nach Hause kommen, werden sie oft über Bord geworfen – eine Smartwatch mit Ortungsfunktion kann schließlich ziemlich schnell beruhigen.